Erlesene Geologie_06: Quartäre Vegetationsdynamik in Europa

 

Das gewichtige (2,6 kg) Buch mit einem Umfang von 688 Seiten setzt in seiner inhaltlichen Breite und fachlichen Tiefe neue Maßstäbe in der europäischen Quartärforschung und Paläoklimatologie. Das vierköpfige Herausgeberteam legt ein Standardwerk in englischer Sprache vor, das die Entwicklung der Vegetation der letzten 2,6 Millionen Jahre in Europa umfassend auf dem aktuellen Stand der Forschung darstellt.
Kapitel 1 gibt einen Überblick über den Zeitraum des Quartärs, das – vor allem im Pleistozän – große Klima- und Vegetationsschwankungen zeigt. Im finalen Holozän manifestiert sich der Einfluss des Menschen.
Kapitel 2 ist dem Material und der Methodik gewidmet. Die Gliederung erfolgt nach den W-Fragen. Wo befinden sich natürliche Archive? Wie erfolgt die Analyse der Proben? Was passierte und warum passierte es. Der zeitliche Ansatz („When“) befasst sich mit absoluten (Radiokarbon) und relativen (Warvenchronologie) Datierungsmethoden. Unter den beschriebenen Fossilien nimmt die umfassende Beschreibung von Pollen eine zentrale Stellung ein, was zum roten Faden im Buch wird.
Kapitel 3 ist dem Pleistozän und den Klimaschwankungen gewidmet. Nach einem Überblick mit Darstellung der Glazial- und Interglazialzyklen folgt, basierend auf zahlreichen Pollendiagrammen, eine chronologische Darstellung, die mit einer exemplarischen Beschreibung einiger Bäume, darunter Buche und serbische Fichte, endet.
Kapitel 4 (S. 135–501), „Late-glacial and Holocene vegetation changes and their causes“, ist das Herzstück des Buches. Nach einer einleitenden Präsentation der stratigraphischen Gliederung wird die rezente Flora auf regionaler Basis beleuchtet. Dazu kommen Darstellungen ausgewählter Taxa, aber auch des menschlichen Einflusses (Getreideanbau ab dem Neolithikum, …), der Entwicklung von Seen und Mooren sowie der Dynamik der Baumgrenze. Final geht es um die Ursachen der (inter-)glazialen Vegetationsdynamik, die von der jeweiligen Eisverbreitung geprägt wird.
Kapitel 5 befasst sich mit der Vegetationsgeschichte. Hier wird die Antwort der Natur („Biotic responses“) auf den raschen Wechsel der ökologischen Bedingungen, sprich Verschwinden, Rückzug und Neuauftreten von Arten, in zeitlicher Abfolge gezeigt.
Das finale 6. Kapitel ist der Wissenschaftsgeschichte gewidmet. Vorgestellt werden u.a. 18 namhafte Persönlichkeiten der Quartärforschung mit Schwerpunkt Paläo- und Archäobotanik, beginnend mit dem Schweizer Oswald Heer bis hin zu Maria Follieri aus Italien.
Der Anhang (Verortung der erwähnten und in Karten abgebildeten Lokalitäten) mit Literaturverzeichnis (S. 563–686) unterstreicht die fundierte wissenschaftliche Basis des Buches.
Fazit: Neben dem ausgezeichneten Inhalt überzeugt das Buch durch übersichtliche Gliederung und ansprechendes Lay-Out. Zahlreiche, z.T. farbige Karten und (Pollen-)Diagramme machen es zu einer Referenzarbeit, zu der man über viele Jahre gerne greifen wird. [T.H.]

Lang, Gerhard; Ammann, Brigitta; Behre, Karl-Ernst & Tinner, Willy [Hrsg.] (2023): Quaternary Vegetation Dynamics of Europe. – 688 S., 287 Abb., 45 Tab., Bern (Haupt).

ISBN: 978-3-258-48214-9
€ 123,40

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