Das Grundwasser in Wien wird wärmer

Kartengrafik Wien

Im Projekt „Heat below the city“ wurde erstmals die Temperatur des gesamten oberflächennahen Grundwassers von Wien ermittelt. Die Grafik zeigt die Daten der Messung im Oktober, wenn die höchsten Werte des Jahres erreicht werden. Stark verbaute Gebiete sind wärmer als große Grünflächen, wie die Praterauen und die Lobau. Quelle: GeoSphere Austria (bei Nennung der Quelle kostenlos nutzbar).

 

Das Projekt „Heat below the city“ untersuchte erstmals flächendeckend für Wien die Temperatur sowie den chemischen und biologischen Zustand des Grundwassers. 
Durchgeführt wurde das Projekt in einer Zusammenarbeit der Universität Wien (Projektleitung), der Universität für Bodenkultur Wien, der GeoSphere Austria und der Stadt Wien (M45, Wiener Gewässer). Förderstelle war der Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF).

Der Schwerpunkt der GeoSphere Austria im Projekt „Heat below the city“ war die Analyse der Temperatur des Grundwassers und ihrer langfristigen Entwicklung.
„Für das Projekt wurden Messdaten der letzten 20 Jahre von 87 Messstationen ausgewertet. Außerdem haben wir im Oktober und im darauffolgenden April an 800 Messstellen Temperaturprofile im Grundwasser gemessen, von einigen Metern bis in rund 40 bis 50 Meter Tiefe“, erklärt Cornelia Steiner, Expertin für Geothermie an der GeoSphere Austria, „im April ist das Grundwasser am kühlsten und im Oktober am wärmsten, da sich Winter- und Sommertemperaturen erst mit Verzögerung im Untergrund auswirken.“

„Urban Heat Island Effekt“ im Grundwasser

Die Messungen zeigten, dass das Grundwasser in vielen Regionen Wiens einige Grad wärmer ist als im Umland. „Für diesen Urban Heat Island Effekt im Grundwasser, gibt es zwei Gründe“, sagt Cornelia Steiner, „erstens ist in Städten die Lufttemperatur deutlich höher als im Umland, da sich Straßen und Gebäude stärker aufheizen als zum Beispiel Wiesen und Wälder, und das wirkt sich auch auf den Untergrund und das Grundwasser aus. Zweitens erwärmt die umfangreiche Untergrundinfrastruktur das Grundwasser, zum Beispiel U-Bahn- und Straßentunnel, Parkgaragen, Kanalsysteme, Fernwärmeleitungen und reine Kühlanwendungen der Geothermie.“

Deutliche Unterschiede innerhalb Wiens

Der Mittelwert aller 800 Messstellen in Wien lag bei der Messung im April bei 13 Grad Celsius und im Oktober bei 15 Grad Celsius. Die einzelnen Messungen zeigten deutliche Unterschiede abhängig von der Oberfläche. Im Wesentlichen ist das Grundwasser unter dicht verbauten Gebieten wärmer als unter Grünflächen wie den Praterauen und der Lobau. Der Temperaturunterschied des Grundwassers zwischen versiegelten und nichtversiegelten Gebieten beträgt im Jahresdurchschnitt ungefähr vier bis sechs Grad.

In den letzten zehn Jahren 1,4 Grad Erwärmung

Eine Auswertung für die Daten der letzten 20 Jahre zeigt eine deutliche Erwärmung des Grundwassers unter Wien, wobei die Erwärmung in der jüngeren Vergangenheit zugenommen hat. In den zehn Jahren von 2001 bis 2010 wurde das Grundwasser in Wien um durchschnittlich 0,9 Grad wärmer, von 2011 bis 2020 waren es 1,4 Grad. Die Hauptgründe dafür sind die durch den Klimawandel deutlich gestiegene Lufttemperatur und die fortschreitende Versiegelung.

Auswirkungen der Erwärmung

Die Erwärmung ändert zum einen die biologische und chemische Qualität des Grundwassers und wirkt sich zum anderen auf Anwendungen wie die Geothermie aus. Derzeit ist die thermische Nutzung des Grundwassers in Wien nur im Bereich von 5 bis 18 Grad Celsius erlaubt. Wird das Grundwasser wärmer, könnten einige Gebiete langfristig nicht mehr für geothermische Kühlung nutzbar sein.

Kühlbedarf steigt

Die Nutzung von Geothermie spielt auch selbst eine Rolle bei der Temperatur des Grundwassers. Für Heizanlagen wird dem Grundwasser Wärme entzogen, bei Kühlanlagen, für die der Bedarf in den letzten Jahren gestiegen ist, kommt das genutzte Grundwasser hingegen wärmer in den Untergrund zurück. Daher werden mittlerweile in Wien keine Anlagen genehmigt, die nur der Kühlung dienen, um eine zu starke Erwärmung des Grundwassers zu vermeiden. Umgekehrt wirkt ein verstärkter Einsatz von Heizungen mit Geothermie einer Erwärmung des städtischen Grundwassers entgegen.

Maßnahmenkatalog mit Empfehlungen 

Basierend auf den wissenschaftlichen Ergebnissen wird aus dem Projekt „Heat below the city“ ein Maßnahmenkatalog entwickelt, der Behörden und Politik Empfehlungen für ein integratives Management zur nachhaltigen und effizienten thermischen Nutzung des Grundwassers liefert.

Daten zum Grundwasser online abrufbar

Geothermische Daten für Wien sind online frei zugänglich abrufbar im Geothermie-Atlas. Der » Geothermie-Atlas wurde von der GeoSphere Austria in Zusammenarbeit mit der Stadt Wien entwickelt und wird schrittweise auf weitere Bundesländer ausgedehnt. Er ermöglicht unter anderem für jeden Standort eine erste Abschätzung des Energiepotenzials von Erdwärmesonden und Grundwasserwärme.

Web-Links

» Infos zum Projekt "Heat below the City"
» Geothermie-Atlas